Fassadenpreis 2021 der Landeshauptstadt München
Zu unserer großen Freude wird Felicia Specht am 06.03.2023 im Alten Rathaus am Marienplatz erstmals der Fassadenpreis der Landeshauptstadt München für das Projekt Pferdestall überreicht. Details über die Auszeichnung, das Projekt, sowie die aufwendige Sanierung der Fassade erfahren Sie hier:
Wissenswertes über den Münchner Fassadenpreis
Der Fassadenpreis der Landeshauptstadt München wurde zu einer Zeit ins Leben gerufen, in der vernachlässigte, rußgeschwärzte Fassaden keine Seltenheit waren. Die Auszeichnung soll dazu dienen, die Öffentlichkeit über die städtebauliche Bedeutung historischer Fassaden aufzuklären. Sie beurkundet vorbildliche Renovierungs- und Gestaltungsmaßnahmen, die das Münchner Stadtbild bewahren.
Die Beurteilungskriterien sind Originalität, Erhaltungsaufwand und Gestaltungsreichtum, farbliche Gestaltung, künstlerische und handwerkliche Qualität der Ausführung sowie stadtgestalterische Bedeutung.Der Fassadenpreis wird seit 1969 alle zwei Jahre an bis zu 25 EigentümerInnen für Fassaden im Privatbesitz vergeben.
Fassadenpreis für den Pferdestall von FV2
LHM, Referat für Stadtplanung und Bauordnung, Untere Denkmalschutzbehörde:
„Sowohl die handwerklichen Leistungen als auch die behutsame Herangehensweise der Planung an diese ausgefallene Bauaufgabe sind rundum lobenswert.“
Von der Straße aus lässt sich das Wohnhaus mit der besonderen Fassade im historischen Dreimühlenviertel Münchens nur erahnen. Es entstand Ende des 19. Jahrhunderts nach den Bauzeichnungen des Architekten Max Häussler als neues Stallgebäude auf einer ansonsten unbebauten Fläche unweit der Isar und des Dreimühlenbachs.
Bis zum Sanierungsstart 2017 war das Gebäude kaum noch bewohnbar. Im Rahmen der umfangreichen Sanierung wurden jüngere Einbauten und verschlossene Fassadenöffnungen zurückgebaut. Die letzten noch vorhandenen bauzeitlichen Fenster dienten als Vorlage für neue, denkmalgerechte Holzfenster. Im Bereich der Fassade und Holzbauteile war eine Vielfalt an Schäden zu verzeichnen. Diese wurden handwerklich vorbildlich saniert und unter Berücksichtigung des Bestands integriert. Wo damals Pferdegespanne ein- und ausfuhren, findet man seit 2019 sechs verschiedene Wohnungen in historischem Bau in Zentrumsnähe.
FV2 Architektur übernahm 2017 im Jahr seiner Gründung, die Kernsanierung des Pferdestalls. Unter der Leitung von Architektin Felicia Specht wurde eine vollumfängliche Sanierung der denkmalgeschützten Bausubstanz einschließlich des Umbaus zu Wohnraum durchgeführt. Neben einer Vielzahl von Sanierungsmaßnahmen wie der Erneuerung der Gebäudetechnik und der erstmaligen Trockenlegung des Kellers, erhielt die Sichtziegelfassade ihre verdiente Aufmerksamkeit und ist heute der Blickfang im idyllischen Hinterhof.
Mehr Details für Interessierte
Bei der Farbe der Ziegel kommt es ursprünglich aufgrund der gewählten Brennart und vor allem abhängig vom Rohmaterial zu regionalen Unterschieden. Die Farbigkeit der Fassade wird zudem bestimmt vom Fugenbild, abhängig von Fugenbreite sowie der Zusammensetzung des Fugenmaterials und damit dessen Farbton. Für die denkmalgerechte Instandsetzung der zweifarbigen Blendziegelfassade des 1883 erbauten Pferdestalls, waren eine Vielzahl an vorbereitenden Maßnahmen, Abstimmungen und Arbeitsschritten notwendig.
Grundlage für das Sanierungskonzept war eine umfangreiche Bestandsaufnahme. Dabei wurden die vorhandenen Schadstellen in Fassadenplänen kartiert. Für eine naturwissenschaftliche Untersuchung wurden Ziegel an verschiedenen Stellen ausgebaut und im Labor untersucht. Dabei wurden auch die verschiedenen Sanierungsmethoden wie Ziegelergänzungen, Fugensanierung, Retuschen und Patinierungen im Muster getestet. Für eine Bestimmung der Ziegelart und Farbe wurden bestimmte Bereiche der Fassade durch vorsichtige Reinigung freigelegt. Dieser Nachforschungen ergaben, dass an der Vorder- und Rückfassade des Stallgebäudes unterschiedliche Ziegelarten verbaut worden waren.
Die geringere Qualität der Sichtziegel an der Rückseite des Gebäudes ist an der stark porösen Profilierung der Ziegeloberflächen auszumachen. Bei dieser ungleichen Behandlung der Fassaden lag das Augenmerk auf der repräsentativen Vorderseite. Bei der Sichtziegelfassade im Bereich des Erdgeschosses wurde beim Bau an allen Fassaden auf den Fugenmörtel verzichtet, das Mauerwerk blieb bis zur Sanierung bis auf den Setzmörtel einsehbar. Dies ist auf die ursprüngliche Nutzung des Ziegelbaus zurückzuführen, erleichterte aber auch die Entstehung von Bauschäden.
So konnten beispielsweise die salzhaltigen Ausscheidungen der Pferde durch das Mauerwerk diffundieren. Die Salze lagerten sich nach und nach in den Außenwänden ab, wurden durch Feuchteeintrag aktiviert und wurden an der Fassadenoberfläche in Form von weißen Ausblühungen sichtbar. Noch heute sind die weißen Schadstellen auf dem roten Ziegelmauerwerk Zeuge vergangener Tage.
Verschmutzungen, die sich im Laufe der vergangenen 120 Jahren auf den Blendziegeln angesammelt hatten, wurden zuerst vorsichtig entfernt. Für die Reinigung der verwitterten Fassade wurde dabei auf das Partikelstrahlverfahren zurückgegriffen. Mit diesem Niederdruck-Wirbelverfahren werden lokale Verschwärzungen oder Krusten auf der Steinoberfläche reduziert. Als Strahlmittel wird Granatsand oder ultrafeines Glaspulver verwendet, wobei eine Musterfläche bei der Feststellung der richtigen Körnung hilft.
Unter den Schmutzschichten kam das zweifarbige Sichtziegelmauerwerk im Obergeschoss zum Vorschein, das heute zusammen mit dem Fachwerkkniestock den einzigartigen Charakter der Fassade bestimmt. Durch die Reinigung wurde zudem der rote Fugenmörtel im Bereich der oberen Geschosse sichtbar, dessen Farbton später als Vorgabe für die Ergänzungen der Fugen der Erdgeschossfassaden fungierte. Im freigelegten Zustand wurden die Blendziegel begutachtet und Beschädigungen aufgenommen. Die beschädigten Sichtziegel galt es erschütterungsfrei herauszustemmen ohne dabei angrenzende Steine zu beschädigen oder gar zu zerstören. Nach dem Ausbau der schadhaften Ziegel wurden die angrenzenden Mörtelfugen vollflächig abgetragen. Als nächstes wurden entsprechende Muster für die benötigten Ersatzziegelsteine erstellt und am Bestand bemustert. Anschließend wurden die notwendigen Werk- und Formsteine eigens angefertigt und gebrannt. Für Sondersituationen wie ein Gefach in den Andreaskreuzen des Fachwerkkniestocks wurden in Handarbeit neue Formsteine wie Puzzlestücke zusammengefügt.
Für die entstandenen Fenster wurden Ziegel für die Laibungen und Segmentbögen als Fenstersturz angefertigt. Beim Einsetzen der neuen Blendziegel wurde die Fläche hinter dem Stein vollflächig mit Mörtel hinterfüllt oder -stopft. Der Setzmörtel wird dabei in der Härte an die vorhandenen Steine angepasst.
Bei kleineren Schadstellen konnte auf einen kompletten Austausch verzichtet werden. Dafür wurden die Ziegel mit Abplatzungen von bis zu fünfZentimetern mit farblich angepasstem Sanierungsmaterial ausgebessert. Bei der Ergänzung von tieferen oder auch auskragenden Fehlstellen wurden die Armierungen aus Edelstahl verankert. Auch diese Fehlstellen bedurften imVorfeld einer Bemusterung anhand einer Musterfläche.
Im nächsten Schritt wurden schadhafte Stoß- und Setzfugen bis zu einer Tiefe von vier Zentimetern ausgekratzt oder vorsichtig ausgebrochen, und im Anschluss neu verfugt. Die Verfugungsart orientierte sich dabei am Bestand. Für Art und Farbton des Mörtels wurden verschiedene Zusammensetzungen angemischt und auf Musterflächen vor Ort angebracht. Vor der Ausführung musste der Fugenmörtel vom Landesamt für Denkmalpflege bemustert und freigegeben werden. Die eigens angemischte rote Mörtelmasse wurde auch zur Verfugung des Sichtmauerwerks im Erdgeschoss verwendet, auf die zur Bauzeit verzichtet worden war.
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